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Fridays for Future Schweden verurteilt Gewalt in Gaza
Thunberg: «Schweigen ist Mittäterschaft»
Nach der jüngsten Gewalt im Gazastreifen mit über 15.000 Toten, darunter mindestens 6.000 Kinder, bekräftigen Greta Thunberg und weitere Aktivisten von «Fridays for Future» Schweden ihre Solidarität mit den Palästinensern. Sie verurteilen die Gewalt auf beiden Seiten und rufen zum Handeln auf, um weitere Opfer zu verhindern. Ihr Meinungsbeitrag erschien im «Guardian« und in der schwedischen Zeitung «Aftonbladet».
von Greta Thunberg, Alde Nilsson, Jamie Mater und Raquel Frescia | 5. Dezember 2023
«Mehr als 15.000 Menschen, darunter mindestens 6.000 Kinder. So viele Menschen hat Israel Berichten zufolge innerhalb weniger Wochen im Gazastreifen getötet – und diese Zahlen steigen weiter an. Israel hat grundlegende soziale Infrastruktur und zivile Ziele wie Krankenhäuser, Schulen, Notunterkünfte und Flüchtlingslager bombardiert. Israel hat eine Belagerung verhängt, die die 2,3 Millionen Palästinenser, die im besetzten Gazastreifen eingeschlossen sind, daran hindert, Lebensmittel, Medikamente, Wasser und Treibstoff zu erhalten, was Oxfam dazu veranlasst hat, Israel zu beschuldigen, “Hunger als Kriegswaffe” einzusetzen.
Dutzende von Experten der Vereinten Nationen haben die Situation als “Genozid im Gange” bezeichnet, hunderte von internationalen Wissenschaftlern haben vor einem drohenden Völkermord gewarnt, und der prominente israelische Genozid-Experte Raz Segal sprach von einem “Fall von Genozid wie aus dem Lehrbuch”. Doch der Grossteil der Welt, insbesondere der so genannte Globale Norden, schaut weg.
Trotz dieses Entsetzens haben sich einige dafür entschieden, die öffentliche Debatte auf Versuche zu konzentrieren, die Aussagen junger Menschen aus der Bewegung für Klimagerechtigkeit über Gaza zu delegitimieren. Im Gegensatz zu dem, was viele behaupten, hat sich Fridays for Future nicht “radikalisiert” oder ist “politisch geworden”. Wir waren immer politisch, weil wir immer eine Bewegung für Gerechtigkeit waren. Die Solidarität mit den Palästinensern und allen betroffenen Zivilisten stand für uns nie in Frage.
Wer sich für Klimagerechtigkeit einsetzt, setzt sich grundsätzlich für Menschen und ihre Menschenrechte ein. Das bedeutet, dass wir uns zu Wort melden, wenn Menschen leiden, fliehen müssen oder getötet werden – aus welchen Gründen auch immer. Aus dem gleichen Grund haben wir immer wieder Streiks in Solidarität mit marginalisierten Gruppen – einschliesslich derer in Sápmi, Kurdistan, der Ukraine und an vielen anderen Orten – und ihren Kämpfen für Gerechtigkeit gegen Imperialismus und Unterdrückung organisiert. Unsere Solidarität mit Palästina ist nicht anders, und wir weigern uns, zuzulassen, dass der Fokus der Öffentlichkeit von dem entsetzlichen menschlichen Leid, dem die Palästinenser derzeit ausgesetzt sind, abweicht.
Aufgrund der fehlgeleiteten Aufmerksamkeit, die uns entgegengebracht wurde, und der zahlreichen Fehlinterpretationen unserer Position, möchten wir unsere Position noch einmal klarstellen. Alle Fridays for Future-Gruppen sind unabhängig und dieser Artikel gibt die Meinung von niemandem ausser FFF Schweden wieder.
Die schrecklichen Morde der Hamas an israelischen Zivilisten können in keiner Weise die andauernden Kriegsverbrechen Israels legitimieren. Völkermord ist weder Selbstverteidigung noch eine verhältnismässige Reaktion. Man darf auch nicht vergessen, dass dies vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen Unterdrückung der Palästinenser geschieht, die Amnesty International als Apartheidregime bezeichnet. Während all dies an sich schon Grund genug wäre, die Situation zu kommentieren, haben wir als schwedische Bewegung auch die Verantwortung, unsere Stimme zu erheben, da Schweden mit israelischen Rüstungsunternehmen zusammenarbeitet und sich damit an der israelischen Besatzung und dem Massenmord mitschuldig macht.
Antisemitische und islamophobe Äusserungen, Taten und Hassverbrechen haben in Schweden und in der ganzen Welt stark zugenommen. Der Vorsitzende des grössten Mitglieds des schwedischen Rechtsblocks spricht davon, Moscheen abzureissen, und vor einer Synagoge in Malmö wurde die israelische Flagge verbrannt. Das ist nicht hinnehmbar. Wir verurteilen vorbehaltlos alle Formen der Diskriminierung, einschliesslich Antisemitismus und Islamophobie. Jeder, der sich zu dieser Krise äussert, hat die Verantwortung, zwischen Hamas, Muslimen und Palästinensern sowie zwischen dem Staat Israel, dem jüdischen Volk und den Israelis zu unterscheiden.
Wir trauern um die Menschen, die in den letzten Wochen ihr Leben verloren haben und sind entsetzt, dass diese Zahlen weiter steigen. Die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen hat einen historischen Höchststand erreicht, und in nur wenigen Wochen sind Tausende von Kindern getötet worden. Dieses Ausmass an Leid ist unfassbar und darf nicht andauern. Wenn UN-Experten die Welt zum Handeln auffordern, um einen Völkermord zu verhindern, ist es unsere Pflicht als Mitmenschen, unsere Stimme zu erheben.
Die Forderung nach einem Ende dieser unentschuldbaren Gewalt ist eine Frage grundlegender Menschlichkeit, und wir rufen alle, die dazu in der Lage sind, auf, dies zu tun. Schweigen ist Mittäterschaft. Angesichts eines Völkermordes kann man nicht neutral sein.»
Dieser Artikel wurde verfasst von
Greta Thunberg, Alde Nilsson, Jamie Mater, Raquel Frescia